Genderstern, Barrierefreiheit – ein Dilemma?
Schweren Herzens habe ich mich nun doch entschieden, auf der Website auf das Gendersternchen (*), in der Computerwelt auch Asterisk genannt, zu verzichten. Hinter eindeutig weiblichen oder männlichen Ausdrücken wurde es wieder entfernt, obwohl ich für mich selbst die Bezeichnung Frau* sehr passend finde. Im Inneren des Wortes verwende ich laut derzeitiger Empfehlung den Doppelpunkt (:), der angeblich von den meisten Screen-Readern gut vorgelesen wird.
Mir war und ist die Sichtbarkeit von Vielfalt sowohl in meiner haupt- als auch in meiner nebenberuflichen Arbeit wichtig. Das Gendersternchen bezieht alle Geschlechter mit ein und macht sie sichtbar. Für mich ist es auch ein Hinweis darauf, dass Geschlecht ein soziales Konstrukt ist, das weit über die binäre Vorstellung von Frau und Mann hinausgeht. Also NEIN! Das ist kein Plädoyer, auf Gendern zu verzichten! Ich halte es nach wie vor für wichtig, weil Sprache unser Denken und unsere Haltung beeinflusst.
Ich wollte allerdings sicherstellen, dass der Text auch gut vorgelesen werden kann. Wenn das Gendersternchen noch irgendwo auf der Seite zu finden ist, außer im Blogbeitrag, dann wurde es vermutlich übersehen – nobody is perfect! 😉
Wobei, um ganz ehrlich zu sein: Sicher bin ich mir mit der Entscheidung immer noch nicht! Und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Verunsicherung taucht auf.
Barrierefreiheit, Sichtbarkeit, Inklusion – Exklusion
Während ich das Gendersternchen mit meinen Augen erfasse und unkompliziert mitdenke, wird es von Screen-Readern entweder nicht korrekt erfasst oder eben vorgelesen. Das könnte bei vielen Sternen im Text auch mühsam sein. Es stellt sich also die Frage, wie barrierefrei der liebe Stern ist. Wird er für Menschen mit Sehbehinderungen ein zusätzliches Hindernis? So würde genau das, was wir mit dem Gendersternchen erreichen wollen – die Sichtbarkeit aller Geschlechter – gleichzeitig zu einer Barriere für eine Gruppe von Menschen, die ohnehin schon oft marginalisiert wird. Und wie wäre es beispielsweise für nicht-binäre Personen mit Sehbehinderung?
Die Diskussionen im Internet zeigen: Manche plädieren für den konsequenten Verzicht, andere für den bewussten Einsatz – und wieder andere für eine situative Lösung.
Ein weiterer Aspekt der Verwendung des Gendersternchens, vor allem bei Wörtern im Singular, ist die Frage der Exklusion. Der Versuch, die Vielfalt durch einen Stern sichtbar zu machen, bedeutet andererseits auch, explizit auf Unterschiede hinzuweisen. Wenn sich beispielsweise eine Person, die nicht als Frau gelesen wird, dennoch als Frau definiert, ist sie aus ihrer Selbstbeschreibung heraus nicht ganz einfach auch als Frau zu verstehen? Braucht es in diesem Fall ein Sternchen nach „Frau“, um diese Identität sichtbar zu machen? So gedacht, könnte das Sternchen wieder Personen ausschließen, die sich damit nicht identifizieren oder es als zu kompliziert empfinden.
Die Diskussion rund um Gendern und Barrierefreiheit zeigt mir, dass wir leider noch lange nicht an einem Ort sind, an dem Gleichberechtigung und Chancengleichheit für alle existieren. Zuschreibungen von außen sind kompliziert UND oft gar nicht notwendig. Momentan gibt es keine perfekte Lösung. Sprache entwickelt sich weiter und mit ihr unser Verständnis der Dinge. Es braucht Toleranz und Offenheit von allen Seiten. Es braucht eine wohlwollende Fehlerkultur und Diskussionsfreude, um eine Sprache zu gestalten, die möglichst viele Menschen einbezieht – ohne neue Barrieren zu schaffen.
Wenn du mehr zum Thema geschlechtergerechte Sprache schmökern willst:
- Eine umfassende Auseinandersetzung mit geschlechtergerechter Sprache von 2022
- Ein Plädoyer, das Gendersternchen im Wortinneren zu verwenden
- Ein praktisches Werkzeug, um alternative Begriffe zu finden – manchmal auch zum Schmunzeln
- Warum das Frauen*büro an einer Hochschule in Berlin wieder auf das Sternchen verzichtet
UND Barrierefreiheit
Unsere eigene Praxis wird leider nicht barrierefrei zugänglich sein. Allerdings dürfen wir einen Raum in der Nähe in Purkersdorf mitbenutzen, somit ist für die rederei auch Barrierefreiheit gewährleistet! 😊
In diesem Sinne:
Es ist der rederei wichtig, barrierefrei zu kommunizieren und Personen korrekt zu adressieren. Teile uns gerne mit, wenn wir diesbezüglich etwas in unserer Kommunikation beachten oder verbessern können!
Herzliche Grüße Moni* 😉