Realität(en) zum Servieren, bitte!
Was hat Beratung mit Kellnerei zu tun?
Gunther Schmidt, Begründer des hypnosystemischen Ansatzes, beschreibt Berater:innen auch als Realitätenkellner:innen. Wir servieren keine fertigen Wahrheiten, sondern reichen behutsam Anregungen dar – mit Charme, mit Respekt und mit einem feinen Gespür für das, was beim Gegenüber ankommt. Wir fragen: „Darf ich Dir etwas anbieten?“ – und nie: „So ist es doch?.“
Diese Haltung verändert etwas Grundlegendes: Wir arbeiten nicht mit der Realität, sondern mit individuell konstruierten Wirklichkeiten. In der Beratung geht es nicht darum, zu urteilen oder zu erklären, sondern Möglichkeitsräume zu eröffnen und zu erweitern.
Hypnosystemisch denken heißt: Ressourcen statt Defizite sehen
Hypnosystemische Beratung basiert auf der Überzeugung, dass unser Erleben ständig neu erzeugt wird – durch Sinneseindrücke, durch innere Bilder, durch Körperreaktionen. Auch „Probleme“ sind somit ein aktuelles Netzwerk an Bedeutungen und Empfindungen – und können sich verändern. Das heißt aber nicht, dass „Probleme“ nicht ernst genommen werden. Eine Krise ist eine Krise, und die fühlt sich meisten sch**** an!
Was heißt das konkret?
Statt an Symptomen zu arbeiten, fokussieren wir auf Stärken, auf Ressourcen, auf das, was trotz allem schon funktioniert. Und manchmal geht es gar nicht darum, etwas vollkommen zu verstehen, sondern darum, etwas anders zu erleben.
Die Kunst des Servierens: Angebote machen, Feedback einholen
In der hypnosystemischen Arbeit haben Ideen keinen Anspruch auf Wahrheit. Sie sind Vorschläge – transparent, als Hypothese formuliert, immer mit der Frage verbunden: „Wie wirkt das auf dich?“
Diese Haltung verändert die Beziehungsebene. Es entsteht ein Raum, in dem Klient:innen sich sicher fühlen dürfen, auch mal nicht zu kooperieren. Denn: Auch Widerstand ist Ausdruck von Autonomie. Und genau diese Autonomie ist das, was gestärkt werden soll.
Muster würdigen – und neue gestalten
Veränderung braucht Vertrauen. Vertrauen in sich selbst, in das Gegenüber – und in die eigene Gestaltungsfähigkeit. Wer sich verändern will, muss nicht unbedingt mehr wollen, sich mehr anstrengen, sondern manchmal einfach anders hinschauen.
Hypnosystemische Beratung ist genau dazu da: anders zu fokussieren und Möglichkeitsräume zu entdecken. Das macht Mut für neue Wege – ohne Druck, ohne Dogma, ohne Bewertung.
Und im Alltag?
Vielleicht einfach ein Impuls: Wie wäre es, wenn wir auch im Alltag mehr zu Realitätenkellner:innen werden? Wenn wir weniger sagen „So ist es“ – und öfter fragen „Wie könnte es auch sein?“. Denn vielleicht liegt genau darin eine Form von Wertschätzung, die Begegnung erst möglich macht
Zum Weiterschmöckern:
Leeb, W., Trenkle, B., & Weckenmann, M. (Hrsg.) (2011): Der Realitätenkellner. Hypnosystemische Konzepte in Beratung, Coaching und Supervision, 1 Auf., Heidelberg: Carl-Auer
Foto: die liebe KI hats entworfen




